(Nr.34) Bisexualität als Ausweg

Jetzt stellt Euch doch mal folgendes vor:
Das soll es doch unter uns männlichen Schwestern Brüder geben, die manchmal tatsächlich mit Frauen… Also richtig… mit Frauen… mit diesen netten Wesen, die allesamt ja irgendwie auch… unsere Mütter repräsentieren!

Also… diese Wesen, mit denen wir uns wunderbar über die „Lindenstraße“, Einkaufsanfälle und Tangomusik unterhalten können. Diese Wesen, die mindestens so gern wie wir selbst sinnentleert reden um des Schwatzens willen, sind gemeint: unsere tatsächlichen Freundinnen. Jeder richtige Schwule sollte eine oder mehrere haben. Die findet man freilich nicht in den Schwulensaunen der Löbervorstadt und schon deshalb wäre die Bereitstellung einer Besten Freundin als politische Forderung hier knallhart zu formulieren.

Aber natürlich verfügen wir schon über eine sogenannte BESTE FREUNDIN: Meist ist es eine aus der Schule oder dem in der Fachliteratur vielbenannten Buddelkasten oder eine Kollegin und manchmal sogar die Nachbarin. Als aufgeklärte Tucken mit konservativem Touch mögen wir an Ihnen:

Erstens:
Ihre Verfügbarkeit. Wenn mitten in der Nacht der läppische Lügenanruf vom derzeit aktuellen Lover auf dem Band blinkt. Das Bett bleibt zwar dann kalt, aber sie, die Freundin, hält bis weit in den Morgen Unmengen von Taschentüchern, Gallonen von Eierlikör sowie finstere Rache-Vorschläge bereit. Sie kennt sich ja mit Männern aus.

Zweitens:
Ihre Beleihbarkeit: Sollten Kräuter-Salz, Noppenkondome oder aktueller Modeschmuck in unserer Homo-Ausstattung fehlen, verfügt die Beste Freundin über ein schier unerschöpfliches Ersatzreservoir, das noch jedwede Drag-Queen in uns zum Erblassen bringt.

Drittens:
Ihre Fähigkeit, zuzuhören.
Richtig gehört, unsere besten Freundinnen können zuhören. Freilich, es ist eine bisher noch nicht aus der Welt gespülte Binsenweisheit, die besagt, dass gerade unsere Randgruppengattung diese seltene Gabe per genetischem Rucksack mitbekommen hat. Halten wir aber mal inne, um Ehrlichkeit in unsere Gemüter fließen zu lassen und unterscheiden zwischen Egomanie, Oberfläche und Muttersöhnchen-Bedürfnis, stellen wir fest, dass es die Frauen sind, die die besseren und aufrichtigeren Ohren besitzen.

Mindestens einmal in der Berg- & Tal-Biografie zwischen Outing und Übertreibung wird es einen Versuch unsere besten Freundin geben, den kleinen Homopanzer zu knacken und uns in die Geheimnisse der heterosexuellen Welt einzuweihen. Das geschieht aus den unterschiedlichsten Gründen, jeder einzelne davon ist sicherlich bemerkenswert, würde aber leider den Rahmen dieses launigen Forums auseinanderknallen.

Sehr oft jedenfalls klappt es. Und schon ist es geschehn. „Was ist jetzt los?“, schreien wir in beschlagene Badezimmerspiegel, gerade gereinigt vom gar nicht so unangenehmen Duft weiblicher Körperchemikalien. Und wir wissen gar nichts mehr. Erst hat man uns eingeredet, das schwul sein problematisch ist, dann geben wirs zu und landen im Bett einer Frau. Sind wir jetzt BI? Und was ist das überhaupt?

Die Haushalts-Empfehlung aus der Beraterecke der Chilligays-Redaktion heißt in diesem Fall schlicht:

Zulassen.

Sexualität scheint eine Art Lebensmittel zu sein. Und wir alle kennen den komischen Effekt. Plötzlich gibt es einen Heißhunger auf Spinat, obwohl wir ihn als Kleinkinder in Blumenvasen versteckten oder nach der Einverleibung ins bunter Gatter gekotzt haben. Man wacht auf und will unbedingt vier Gläser eingekochten Rhabarber hinterziehen. „Mal ist man“, wie der tröge Liedermacher Klaus Hofmann zu sagen pflegt, „vegetarisch und mal steak-versessen.“

In diesem Falle hat er recht. Ich jedenfalls zieh mich zurück, um einen wunderbares Menü aus Pfefferbohnen, Ananas, Kaffee und Mutzbraten zu mir zu nehmen. Selbstverständlich werde ich beim gelinden Ziehen eine Spur Kerbel unterziehen.

Insofern sagt Marcello Libelle: „Guten Appetit“

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