Jeder nur ein Kreuz

Vom 28.12.2011 bis zum 2.1.2012 findet in Erfurt der Mission-Net Kongress 2011 statt. Nachdem wir den Papstbesuch gerade so überstanden haben, stehen jetzt die nächsten religiösen EifererInnen vor der Türe. Unter dem Motto „Transforming our World“ werden 3600 Jugendliche aus aller Welt erwartet – zum gemeinsamen Beten, Singen und über christliche Themen reden. Ohne Alkohol und Tabak trotz des im Kongresszeitraum liegenden Jahreswechsels. Man könnte sagen „Was kümmert’s mich?“, wenn die miesepetrigen Christen oben auf der EGA sitzen und noch nichtmal Sylvester ein Sektchen trinken dürfen. Aber die Evangelikale Jugend belässt es nicht dabei, unter sich den Herrn zu preisen. Erklärtes Ziel des Veranstalters ist es, zu missionieren.

Unter den Veranstaltern befinden sich so illustrie Vereine wie die „Deutsche Indianer Pionier Mission“, die nach eigenen Angaben die „Unterweisung der Indianerchristen in biblischer Lehre“ betreibt und damit vor allem in Lateinamerika aktiv ist. Der Ring Missionarischer Jugendbewegungen betreibt 68 Einrichtungen, in denen alljährlich zehntausende Jugendliche auf Staatskosten losgeschickt werden, um sozial schwache zum Glauben zu bekehren.

Auch in der Politik mischen die Evangelikalen mächtig mit. Die Evangelische Allianz in Deutschland, einer der Hauptveranstalter des Missionsfestival, ist als Lobbyorganisation beim Deutschen Bundestag akkreditiert und verucht auf diesem Weg, christliche Werte in Gesetzgebungsverfahren unterzubringen. Beispielsweise heißt es in einer Stellungnahme zum Biologie-Unterricht, Zitat:

Gefahren für Schüler lauern überall. Derzeit beherrschen nicht Drogen und Gewalt an Schulen die Debatte in überregionalen Tageszeitungen wie der „Frankfurter Rundschau“ und der „Welt“, sondern Biologielehrer, die es „wagen“, im Unterricht neben der Evolutionstheorie auch über alternative Theorien wie den Kreationismus und die Theorie des „Intelligenten Designs“ zu informieren.

Die Diskursstrategie ist alt: Man wirft sich in die Opferrolle, um gleich darauf das zu fordern, was angeblich verpöhnt ist: Daß die Schöpfungsgeschichte der Bibel im Biologie-Unterricht gelehrt wird. Natürlich haben die Evangelikalen auch was gegen Schwule und Lesben. Zitat:

Die zunehmende öffentliche Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebensformen zerstört das Leitbild der Familie und führt in der jungen Generation zu Verunsicherung und Orientierungslosigkeit.

Man fürchtet:

Ich muss jetzt zu meinem Papa Mama sagen.

Deswegen warnt man davor, homosexuelle Partner_innenschaften mit der Ehe gleichzustellen. Schließlich weiß man, dass Kinder, die bei Sündern leben, verrückt und rauschgiftsüchtig werden. Und das ist kein Witz, die Evangelikalen behaupten ernsthaft, Kinder, die in unkonventionellen Familien aufwüchsen, trügen ein höhreres Risiko für psychische Krankheit und Suchtverhalten.

Freunde vor Ort haben die Hassprediger auch schon gefunden. Der CDU-Stadtratsabgeordnete und OB-Kandidat Michael Panse hat schon Mitte 2011 angefragt, ob die 3600 erwarteten Besucher_innen der Veranstaltung in städtischen Immobilien untergebracht werden können – die Verwaltung hatte das mit Verweis auf die Witterung abgelehnt. So wird denn der fromme Besuch auf dem Messegelände wohnen müssen und nur für kurze Bekehrungstouren die Innenstadt aufsuchen.

Sowohl die religionskritische Giordano-Bruno-Stiftung als auch das lokale Anti-Papst-Bündnis haben bereits Proteste angekündigt. Wir werden berichten, wenn sich was genaueres ergibt.

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